Bürgerinitiative und Kommunalpolitiker diskutieren über Möglichkeiten zum Erhalt des Bades
CRUMSTADT. Um über die Hintergründe der drohenden Schließung des Schwimmbades in Crumstadt zu informieren, hatte die Initiative, die sich für den Erhalt der Einrichtung einsetzt, am Montag den Bürgermeister und Vertreter der Parlamentsfraktionen eingeladen; im mehr als vollbesetzten Saal der „Turnhalle“ bekamen die Politiker rund zwei Stunden Gelegenheit dazu. Danach wurden sie aus dem Saal gebeten, denn die Initiative wollte allein mit den Bürgern das weitere Vorgehen beraten. Rolf Heiliger, Sprecher der Initiative erinnerte an die Vorgeschichte: Als vor rund 30 Jahren aus den selbstständigen fünf Riedgemeinden die Gemeinde Riedstadt wurde, „hat Crumstadt als Erbe auch sein Schwimmbad mit eingebracht“. Aus Gründen der Haushaltskonsolidierung soll das Bad, das für rund 200 000 Euro saniert werden müsste, geschlossen werden. Heiliger betonte, es gehe nicht um ein Spaß- oder Luxusbad, sondern ein einfaches Familienbad mit hohem gesellschaftlichen Nutzen. Und wenn das geschlossen werden solle, dann erwarteten die Bürger, „dass ihnen der Grund nachvollziehbar erläutert wird“ – im Vorfeld. Starker Applaus kam als Unterstützung aus dem Saal. Bürgermeister Gerald Kummer (SPD), Hans-Dieter Bock (GLR) und Patrick Fiederer (SPD) erläuterten den Versammelten, das Riedstadt wegen seines verschuldeten Haushaltes (5,2 Millionen Euro werden über Kassenkredite finanziert) nur unter bestimmten Auflagen der Kommunalaufsicht die Haushaltsgeschäfte weiter genehmigt bekommen habe: Neben Investitionsbeschränkungen müsse Riedstadt auch seine freiwilligen Leistungen einschränken, etwa bei Kindergärten und Bädern. Denn dahin fließen die meisten Zuschüsse: Jährlich sind für die Bäder in Goddelau und Crumstadt etwa 350 000 Euro fällig. Nun stehe zusätzlich in Crumstadt noch die Sanierung an. Unter dem Sparzwang der Aufsichtsbehörde sei deshalb im Haushalt 2008 auf das Crumstädter Bad verzichtet worden, zumal es in der Stadt neben dem Riedsee ein weiteres Freibad (Goddelau) gebe, das in technisch besserem Zustand ist. „Ich bitte um Respekt für diese schwierige Entscheidung, die auf sachlicher Grundlage gewachsen ist“, so Kummer. Richard Kraft (CDU) sah es politisch und schob die Verantwortung für die Haushaltslage der rot-grünen Parlamentsmehrheit zu. Die CDU habe jahrelang gemahnt, „doch die Schulden stiegen“. Kraft forderte, auch bei anderen Haushaltsposten zu streichen: etwa Stellen zu reduzieren und sich nicht nur auf das Crumstädter Bad festzulegen. Ziel der CDU sei, mit kleinen Lösungen die Mängel im Bad soweit zu beheben, dass der Betrieb wenigstens 2008 weiterlaufe. Peter Selle (Wir in Riedstadt) verkündete: „WIR stehen hinter der Initiative“, die das Bad erhalten will. Für seine Allgemeinkritik am Riedstädter Haushaltsgebaren bekam er kräftigen Applaus. Die FDP, durch Werner Höfler vertreten, glaubt nicht, dass 200 000 Euro für die Sanierung des Schwimmbades ausreichen: „Da wird wohl noch eine Betonsanierung folgen müssen, eine weitere Verschuldung zu Lasten unserer Kinder“. In der anschließenden Diskussion wurde bekannt, dass nicht nur die Stadt einen Gutachter eingeschaltet hat, um die Sanierungskosten schätzen zu lassen. Eine Stellungnahme von fachkundiger Seite versichert der Initiative, dass mit nur rund 5000 Euro eine Sanierung möglich sei, die ein paar Jahre den Betrieb erhalte. Der Bürgermeister machte den Vorschlag, dass beide Fachleute öffentlich ihre Einschätzung begründen sollten – möglichst noch vor der Haushaltsberatung. Zu Vorschlägen, das Bad in Vereinsträgerschaft zu überführen oder mit Eigenleistungen eines Vereins zu helfen, meinte Kummer: Ein Förderverein könne hauptsächlich finanzielle Unterstützung bieten. Da ihm 2000 Unterschriften zugunsten des Crumstädter Bades überreicht wurden, ergänzte Kummer: Wenn jeder Unterzeichner 50 Euro pro Jahr zahle, kämen rund 100 000 Euro zusammen, mit denen das Bad (in Riedstädter Trägerschaft) ohne Steuergelder weiter betrieben werden könne. „Wenn es die Bereitschaft gibt, haben Sie meine organisatorische Unterstützung.“ Dass solche Wege auch andernorts begangen werden, darüber wollte eigentlich auch Hans-Dieter Bock (GLR) der Versammlung berichten. Doch er kam mit seinem Vortrag nicht zum Zuge. Der sachliche Rahmen der Argumentation schien zu bröckeln, als Pauschalvorwürfe aus dem Saal kamen, dass Riedstadt anderswo Millionen ausgebe, „aber hier in Crumstadt unser Bad schließt“. Kritik am Umbau des Crumstädter Rathauses und seinem behindertengerechten neuen Fahrstuhl brachte kurzzeitig auch den Bürgermeister in Rage: „Sollen wir denn Behinderte ausschließen, die das Heimatmuseum besuchen wollen?“ Seinen Hinweis, dass die historische Bausubstanz durch den Umbau noch in der Zukunft geschätzt werde, quittierten einige im Saal mit Gelächter. Ehe die Initiative zur internen Beratung schritt, erinnerte Rolf Heiliger den Bürgermeister noch einmal an seine Versprechungen aus den vergangenen zwei Jahren: Mehrmals habe Kummer betont, das Crumstädter Bad nicht zu schließen und dass man ihn beim Wort nehmen könne. Kummer begründete sein Umschwenken mit veränderten Rahmenbedingungen. „Stehen Sie zu Ihrem Wort,“ meinte Heiliger darauf. „Wenn Sie nicht halten, was Sie versprechen, werden Sie dauerhaft an Achtung verlieren.“
hhh16.1.2008
Quelle: Darmstädter Echo